
Humane Affenpocken: Fragen & Antworten
Seit der ersten Meldung im Mai 2022 wurden in Österreich 198 Fälle (Stand: 12.August 2022) von Menschen bekannt, die sich mit dem humanen Affenpockenvirus (offiziell: Monkeypox virus, MPXV) infiziert haben. Die Anzahl an bestätigten Fällen ist zwar momentan im Vergleich zu anderen Staaten auf einem relativ niedrigen Niveau, dennoch ist es wichtig über die Risiken Bescheid zu wissen, denn die Fallzahlen steigen weltweit an und die Verbreitung erfolgt aktuell vor allem unter Männern, die Sex mit Männern haben (MSM).
Die LGBTIQ-Comminity äußerte sich gegenüber der Maßnahmen, die derzeit vom österreichischen Gesundheitsministerium gesetzt werden kritisch. Dem Ministerium wird vorgeworfen viel zu wenig für die Eindämmung der Erkrankung zu tun: Es gäbe viel zu wenig Impfstoffe und Informationen über diese Krankheit.
Die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit Affenpocken, möchten wir in diesem Artikel beantworten.
WAS Sind AFFENPOCKEN?
Bei Affenpocken handelt es sich um eine Virenerkrankung, die beim Menschen den Pocken ähnelt - eine Krankheit, die seit 40 Jahren, dank der Pockenimpfung, als ausgerottet gilt. Affenpocken sind dem Erreger der Pocken sehr ähnlich und treten vorwiegend in West- und Zentralafrika auf.
Diese Virenerkrankung wird zu den sogenannten Zoonosen gezählt, das sind Krankheiten die vom Tier auf den Menschen übergehen. In Endemiegebieten ist das Virus hauptsächlich bei Nagetieren verbreitet, Affen werden nur als Fehlwirte befallen. Grundsätzlich werden Affenpocken nur in seltenen Fällen auf den Menschen und zwischen Menschen übertragen. Derzeit ist jedoch eine ungewöhnliche Häufung an Mensch-zu-Mensch Übertragungen außerhalb der Endemiegebiete, vor allem in Westeuropa, zu beobachten.
Wie HOCH IST DAS Ansteckungsrisiko?
Mittlerweile hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Affenpocken-Ausbruch in mehr als 60 Ländern zu einer "Notlage von internationaler Tragweite" erklärt. Bei Betracht der weltweiten Situation, schätzt die WHO das Pockenrisiko gegenwärtig als moderat ein mit Ausnahme Europas (einschließlich Österreich), wo die Gefahr einer weiteren Verbreitung als hoch eingestuft wird.
Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung des Virus durch engen Kontakt (inkl. Sexualkontakt) mit erkrankten Personen wird als hoch eingestuft. Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung zwischen Personen ohne engen Kontakt wird derzeit als gering eingeschätzt.
Wie werden Affenpocken übertragen?
Affenpocken werden beinahe ausschließlich durch engen und direkten Körperkontakt mit Erkrankten übertragen. Eine Infektion kann durch Haut bzw. Schleimhautkontakte, sexuelle Kontakte, Tröpfcheninfektion während eines intensiven face-to-face-Kontakts, Schmierinfektion nach Kontakt zu Bläscheninhalt oder infektiösen Schorfpartikeln oder durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten erfolgen. Aber auch durch längeren direkten Kontakt mit kontaminierten Oberflächen (z.B. Kleidungsstücken, Bettwäsche, Sexspielzeug) ist eine Übertragung möglich.
Zählen Affenpocken zu sexuell übertragbaren Krankheiten?
Beim Großteil der derzeit bekannten Fälle scheint die Übertragung zwischen Sexualpartner*innen, vor allem bei wechselnden und häufigen Sexualkontakten zu erfolgen. Besonders der Inhalt der Bläschen und Pusteln, die nach einer Infektion oftmals auch im Genitalbereich entstehen, ist hochinfektiös und die Ansteckungsgefahr besteht so lange Krusten auf den Wunden der abheilenden Pusteln vorhanden sind.
Die meisten Übertragungen stehen zwar offenbar in Verbindung mit sexueller Aktivität, allerdings handelt es sich nicht um eine Geschlechtskrankheit im traditionellen Sinn, da die Übertragung durch jede Art von engem Körperkontakt erfolgen kann.
Weltweit sind zum derzeitigen Wissensstand 95-99% der bekannten Fälle männlich, die überwiegende Mehrheit der Betroffenen bezeichnet sich selbst als MSM. Dies trifft auch auf die Situation in Europa und Österreich zu.
Welche Symptome treten nach einer Infektion auf?
Die Inkubationszeit nach einer Infektion mit Affenpocken beträgt typischerweise 6-21 Tage.
Anfangs treten unspezifische grippeähnliche Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit, Kopf-, Rücken und Muskelschmerzen auf. Außerdem äußert sich eine Erkrankung durch geschwollene Lymphknoten und Erschöpfung.
Hautveränderungen entwickeln sich in der Regel 1-3 Tage nach der Infektion und breiten sich ausgehend von der infizierten Stelle in Form von Ausschlägen über den Körper aus. In weiterer Folge bilden sich die pockentypischen einheitlichen Bläschen und Pusteln. Häufig entwickeln sich diese erst im Gesicht, an den Händen und Unterarmen und auf den Fußsohlen, im Mund und Rachenraum, auf den Augen oder im Genitalbereich.
Bei den aktuellen Fällen wurden diese Hautveränderungen überwiegend im Genitalbereich entdeckt und sind oft nur in Form von einigen wenigen Bläschen sichtbar. Diese Bläschen und Pusteln sind teilweise stark juckend oder schmerzhaft. Später bilden sich Krusten, die nach der Abheilung abfallen. Der Inhalt der Bläschen und Pusteln ist hochinfektiös und die Ansteckungsgefahr besteht so lange Krusten vorhanden sind. Auch während der unspezifischen Krankheitssymptome sind Erkrankte infektiös.
Die Symptome verschwinden in den meisten Fällen innerhalb weniger Wochen (in der Regel 1-3 Wochen) von selbst, können jedoch bei einigen Menschen zu medizinischen Komplikationen und nur in sehr seltenen Fällen zum Tod führen.
Was ist bei Verdacht auf Infektion zu tun?
Auch bei unspezifischen grippeähnlichen Symptomen gelten die selben Regeln, die sich auch im Zusammenhang mit Covid durchgesetzt haben: Bei Verdacht, sollen sich Erkrankte jedenfalls isolieren und die Kontakte nachverfolgt werden. Wer selbst entsprechende Symptome hat, sollte sich von Spezialist*innen für Infektionskrankheiten untersuchen lassen. Besonders Männer, die mit wechselnden Partnern Sex mit Männern haben, sollten besonders aufmerksam sein.
Die Erkrankung ist meldepflichtig. Besteht ein Verdacht, sollte die Hotline 1450 angerufen werden - dort wird über das weitere Vorgehen informiert. Außerdem sind richtige Ansprechpersonen Hausarzt*ärztin, HIV- oder PrEP-Behandler*in oder Dermatolog*in.
Nach einem bestätigten Verdachtsfall wird die Therapie von Mediziner*innen verordnet, die Gesundheitsbehörden verhängen die Quarantäne. Aktuell wird in Österreich ein Impfstoff bereitgestellt, der zum jetzigen Zeitpunkt postexpositionell, also nach dem Geschlechtsverkehr mit einer Person die Affenpocken hat, eingesetzt wird. Daher ist es wichtig, die Sexualpartner*innen beim Contacttracing zu nennen.
Wie können Affenpocken behandelt werden?
In der Regel heilt die Krankheit innerhalb von 1-3 Wochen von alleine aus. Bei Bedarf können Symptome, wie z.B. Fieber und Schmerzen behandelt oder gelindert werden. Wichtig ist es, die offenen Hautstellen vor bakteriellen Infektionen zu schützen.
In der EU ist das Medikament Tecovirimat seit Jänner 2022 für die Behandlung von Komplikationen nach einer Infektion mit Pocken, Affenpocken und Kuhpocken zugelassen. Die Zulassung erfolgt aufgrund der Seltenheit der Krankheiten nur als Zulassung unter "außergewöhnlichen Umständen".
Wie kann ich mich schützen?
Für Personen, die vor 1981 gegen Pocken geimpft wurden, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Schutzwirkung vor Affenpocken. Die Wirksamkeit wird auf etwa 85% geschätzt, wodurch die Kreuzprotektion zumindest vor schweren Verläufen einer Affenpockeninfektion schützen sollte.
Da die Pocken seit 40 Jahren ausgerottet sind und aus diesem Grund seit längerer Zeit nicht mehr gegen Pocken geimpft wird, könnte der abnehmende Schutz in der Bevölkerung als Faktor für die stärkere Verbreitung gelten.
Die in der EU zugelassene Impfung gegen Pocken (Imvanex ®) wurde am 22.7.2022 auch als Schutzimpfung für Affenpocken zugelassen. Imvanex ist in Österreich jedoch derzeit nicht verfügbar. Stattdessen wird eine begrenzte Anzahl des US-Impfstoffes Jynneos mit einer Zulassung der US-amerikanischen Behörde (FDA) gegen Affenpocken in Österreich zur Verfügung gestellt. Die Impfstoffe sind zwar in Österreich ab 18 Jahren zugelassen, werden jedoch nur für bestimmte Risikogruppen indiziert. Mit hoher Priorität wird die Impfung Personen nach Exposition empfohlen. Eine Impfung der breiten Bevölkerung ist aufgrund der geringen Infektionswahrscheinlichkeit und unter der Berücksichtigung der eingeschränkten Verfügbarkeit des Impfstoffes derzeit nicht vorgesehen.
Da jede Berührung von Hautveränderungen einer infizierten Person zu einer Übertragung führen kann, können Kondome das Risiko einer Ansteckung zwar verringern, aber nicht völlig ausschließen. Affenpockenviren können wahrscheinlich über längere Zeiträume (Tage bis Wochen) auf Gegenständen (z.B. Sexspielzeug) oder Stoffen (z.B. Kleidung, Bettwäsche oder Handtücher) ansteckend bleiben. Daher sind gute Hygienemaßnahmen erforderlich.
Sind Menschen mit HIV besonders gefährdet?
Bisher scheinen HIV-Positive unter funktionierender Therapie und mit gutem Immunstatus nicht stärker gefährdet zu sein als andere. Bei Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem könnte ein höheres Infektionsrisiko und ein höheres Risiko für einen schwereren Verlauf bestehen, jedoch gibt es dazu noch keine verlässliche Datenlage. Grundsätzlich können sich auch Menschen mit HIV impfen lassen, solange ihre Helferzahl über 100 liegt.
Quellen:
Aids Hilfe Wien: Wissen statt Vorurteile - Affenpocken
Deutsche Aidshilfe: Affenpocken
Kurier: WHO - Internationale Notlage wegen Affenpocken
orf.at: Affenpocken: Kritik an Gesundheitsministerium
RKI: Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Affenpocken
Sozialministerium: Humane Affenpocken
derStandard: 95 Prozent der Affenpocken-Infektionen durch sexuelle Kontakte