
Positive Begegnungen 2018: Schutz durch Therapie und Kampf der Diskriminierung
Vom 23. bis 26. August fand heuer wieder Europas größte HIV-Selbsthilfekonferenz statt - die Positiven Begegnungen. Zweck der Konferenz, die sich heuer bereits zum 20. Mal jährte, ist vor allem der Austausch von HIV-positiven Menschen untereinander sowie mit den Aidshilfen und Fachpersonal aus dem Gesundheitsbereich. Auch die Marien Apotheke hat heuer an den Positiven Begegnungen teilgenommen - in diesem Bericht schildern wir unsere Eindrücke und Learnings.
An vier Tagen konnten Workshops und Vorträge zu unterschiedlichen Themen wie "Alltagsrealitäten mit HIV", "Sexlife, Drugs und Safer Sex 3.0" oder "HIV, Leben und Politik" besucht werden. Unter dem Motto „Wir sind überall“ wurde dieses Jahr vor allem das Jubiläum des EKAF-Statements (N=N; nicht nachweisbar = nicht übertragbar) als Schwerpunktthema der Konferenz behandelt.
Schutz durch Therapie kaum bekannt
10 Jahre ist es bereits her, dass die Eidgenössische Kommission für Aidsfragen (EKAF) den Beleg dazu veröffentlicht hat, dass HIV-positive Menschen, die eine Therapie erhalten und deren Viruslast unter der Nachweisgrenze liegt, das Virus auch bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr nicht mehr übertragen können. In der Allgemeinbevölkerung ist dieser Fakt allerdings bisher kaum bekannt. Eine repräsentative Befragung, die die Deutsche Aidshilfe in Auftrag gegeben hat, ergab, dass nur 10% der deutschen Bevölkerung bereits davon gehört hatten (mehr dazu hier).
Auf der Konferenz wurden hier vor allem die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) aber auch die Deutsche Aidshilfe in die Pflicht genommen. Nachdem die gleiche Umfrage ergeben hatte, dass immer noch viele Menschen kaum Wissen über HIV und Ansteckungswege hat, soll in Zukunft ein noch stärkerer Fokus auf die Kommunikation dieser Themen in der Allgemeinbevölkerung gelegt werden. Schließlich ist die Diskriminierung in vielen Lebensbereichen HIV-positiver Menschen auch auf solches Unwissen zurückzuführen - Information und Aufklärung können diese Stigmatisierung potenziell eindämmen.
Safer Sex, STIs und Drogengebrauch
Der Themenstrang zu Safer Sex beschäftigte sich unter anderem mit dem Anstieg an sexuell übertragbaren Krankheiten (STIs)wie Hepatitis C, Chlamydien und Tripper (Gonorrhoe) in den letzten Jahren. Während der Anstieg unter HIV-positiven MSM zum Teil auch mit der häufigeren Testung erklärt werden kann, lassen sich HIV-negative Personen tendenziell eher selten testen.
ExpertInnen sehen hier allerdings auch eine positive Auswirkung der PrEP: Durch die Kontrolluntersuchungen alle 3 Monate werden hier auch HIV-Negative öfter auf STIs getestet. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass viele PrEP-Interessenten nicht wissen, dass diese nur vor einer Ansteckung mit HIV, nicht aber vor anderen Geschlechtskrankheiten schützt. Mehr zur PrEP lesen Sie hier.
Diskriminierung in Beruf und Alltag
Der Themenstrang "Alltagsrealitäten mit HIV" beschäftigte sich vor allem mit Diskriminierungserfahrungen HIV-positiver Menschen. Neben bestimmten Berufen, in denen HIV-Positive oft noch dafür kämpfen müssen, diese überhaupt ausüben zu dürfen (etwa PolizistInnen oder ChirurgInnen), wurden hier auch negative Erlebnisse im Gesundheitssystem thematisiert.
Unwissen oder veraltetes Wissen unter MedizinerInnen und anderem Gesundheitsfachpersonal führt auch heute noch häufig zu Diskriminierung. Beispiele sind dabei etwa besondere Vorkehrungen, die vor und nach den PatientInnen getroffen werden, offen ersichtliche Vermerke in Akten oder unfreiwilliges Outen der Infektion in Spitälern vor anderen PatientInnen. In einem Workhop zu Arzt-Patienten-Kommunikation konnten gemeinsam Strategien erarbeitet werden, die zu mehr Empowerment der HIV-positiven PatientInnen beitragen sollten. Die Deutsche Aidshilfe will diese in Zukunft auch regelmäßig anbieten.
Zukunftsaussichten
Durch den raschen Fortschritt und die Weiterentwicklung moderner HIV-Therapien hat sich die Infektion in den letzten Jahrzehnten von einem sicheren Todesurteil zu einer gut behandelbaren chronischen Krankheit gewandelt. Damit wird auch die Altersversorgung HIV-positiver Menschen ein immer wichtigeres Thema - dazu braucht es unter anderem spezielle Pflegeangebote. Zudem ist die Aufarbeitung des "HIV-Traumas" (Aids Survivor Syndrom) der älteren Generation von enormer Bedeutung und sollte dementsprechend ernst genommen werden.